Demokratie braucht Anerkennung
- J.H.
- 15. Okt. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Wie wir über Politik sprechen – und was das mit Vertrauen zu tun hat
Politik wird in der öffentlichen Debatte häufig negativ dargestellt – als unfähig, langsam, zerstritten oder abgehoben. Kaum ein Gesetz, das nicht umgehend kritisiert wird. Kaum eine Maßnahme, die nicht als Symbol für Überforderung oder Kontrollverlust herhalten muss. Den Ton dabei prägen vor allem die Medien - durch Schlagzeilen, Kommentare, Talkshows. Auch in den sozialen Netzwerken wird dieser Grundton verstärkt und weitergetragen – zugespitzt, emotionalisiert, oft ohne Differenzierung.
Natürlich: Kritik ist wichtig. Sie gehört zu einer offenen, demokratischen Gesellschaft. Aber möglicherweise überlagert sie derzeit alles andere. Denn bei aller berechtigten Unzufriedenheit über einzelne Entscheidungen lohnt sich auch ein nüchterner Blick auf das große Ganze.
Wir leben in einem Land, in dem es – gemessen am weltweiten Vergleich – sehr vielen Menschen sehr gut geht. Wir haben einen funktionierenden Rechtsstaat, freie Medien, politische Mitbestimmung, Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Und einen Sozialstaat, der auch in schwierigen Lebenslagen absichert und auffängt.
Natürlich gibt es genug zu verbessern – in der Verwaltung, in der Bildung, beim Wohnungsbau, in der Migrationspolitik. Aber die andauernd negative Stimmung, die sich durch viele Debatten zieht, blockiert nicht nur den konstruktiven Austausch. Sie wirkt auch lähmend. Und sie öffnet Türen für jene politischen Kräfte, die dieses Misstrauen systematisch für sich nutzen.
Eine etwas ausgewogenere Berichterstattung – in klassischen Medien ebenso wie in sozialen Netzwerken – könnte hier viel bewirken. Wenn neben Kritik auch Fortschritte, Lösungsansätze und gelungenes Regierungshandeln sichtbar würden, hätte das möglicherweise spürbare Effekte: auf das Empfinden der Menschen, auf ihr Vertrauen in Politik – und auch auf ihre Bereitschaft, gesellschaftliche Herausforderungen mitzutragen.
Gerade beim Thema Klimawandel zeigt sich das: Wer nur vermittelt bekommt, dass nichts funktioniert, dass „die Politik es nicht kann“, wird kaum bereit sein, selbst Verantwortung zu übernehmen oder ambitionierte Maßnahmen mitzutragen. Wer hingegen das Gefühl hat, dass Veränderung möglich und sinnvoll ist, wird eher bereit sein, einen Beitrag zu leisten – und auch politisches Handeln zu unterstützen.
Auch wirtschaftlich spielt das eine Rolle. Vertrauen in den Staat, in demokratische Institutionen und in gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert Investitionsbereitschaft, Innovationsklima und Zukunftsoptimismus – all das, was eine stabile Entwicklung braucht.
Es geht nicht darum, Probleme kleinzureden. Sondern darum, das ganze Bild zu sehen. Denn eine Demokratie braucht nicht nur kritische Stimmen – sie braucht auch das Vertrauen, dass Politik etwas bewirken kann. Dieses Vertrauen beginnt damit, wie wir über Politik und über die politischen Akteure in diesem Land sprechen.