Wer Rechtsextremismus bekämpfen will, der muss aus seiner Bubble raus
- J.H.
- 25. Feb.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Apr.
Gegen Hass zu demonstrieren ist wichtig – aber für eine echte Veränderung braucht es aber mehr: Gespräche, Geduld und Kontakt außerhalb der eigenen Komfortzone.
Die Demonstrationen gegen Rechts sind beeindruckend. Hunderttausende Menschen gehen in München, Berlin, Hamburg und anderswo auf die Straße. Die Bilder vermittelten ein klares Signal: Wir sind viele, wir stehen zusammen, wir sagen Nein.
Doch so beeindruckend und wertvoll diese Demonstrationen, diese Bilder auch sind – etwas daran ist irgendwie bequem. Man geht hin, zeigt Haltung, steht mit den „Richtigen“ auf dem Platz, fühlt sich verbunden. Man steht für das Richtige. Und man hat das Gefühl, etwas getan zu haben. Einen Beitrag geleistet. Seine Pflicht erfüllt zu haben. Einen Haken gesetzt. Man geht nach Hause und macht weiter wie gewohnt.
Und genau das ist das Problem. Denn wer nach der Demo wieder in seine politische und soziale Blase zurückkehrt – in den Gruppenchat mit Gleichgesinnten, in Gespräche mit Menschen, die ohnehin dieselben Artikel lesen und dieselbe Sprache sprechen –, der tut vor allem eines: sich selbst beruhigen.
Die eigentliche Herausforderung beginnt nicht auf dem Platz. Sie beginnt danach.Dort, wo keiner klatscht. Dort, wo Menschen, die wir mögen, Dinge sagen, die uns erschrecken oder irritieren. Dort, wo man nicht mit einem Plakat antworten kann, sondern mit Geduld und Umsicht und Argumenten. Dort, wo wir Widerspruch finden, Dort, wo wir Freundschaften hinterfragen und die Beziehung das aushalten muss. Mit Gesprächsversuchen, die zäh sind, bei denen es laut wird, bei denen man fassungslos zurückbleibt – und oft auch erfolglos.
Rechtsextreme Gedanken wachsen selten nur in dunklen Ecken – sie entstehen im Alltag. In Nebensätzen beim Essen, in Postings von Kollegen, in Ängsten, die nicht ernst genommen wurden. Und sie bleiben bestehen, solange wir sie ignorieren, statt ihnen zu begegnen.Nicht nur mit Argumenten – sondern mit persönlichem Einsatz und persönlicher Verbindung.
Wer wirklich etwas bewegen will, muss die eigene Komfortzone verlassen. Der muss die Bekenntnisgemeinschaft verlassen, in der alle nicken – und sich dorthin begeben, wo das Nicken aufhört. Wo man aushalten muss, dass andere anders denken. Und dass man selbst vielleicht nicht sofort überzeugt.
Demonstrationen zeigen Haltung. Aber sie ersetzen all das nicht. Denn wer glaubt, mit einem Transparent sei seine Pflicht getan, hat die Tiefe des Problems unterschätzt. Es geht nicht um das eine Zeichen. Es geht um die vielen kleinen Akte der Beharrlichkeit und Ausdauer, die nicht im Licht der Öffentlichkeit passieren: zuhören, widersprechen, bleiben. Der Kampf gegen Extremismus beginnt dort, wo es anstrengend wird – und genau deshalb lohnt er sich dort am meisten.